Auf ins große Abenteuer

Endlich ist es soweit: Der große Tag der Abfahrt steht vor der Tür! Seit zwei Tagen machen sich Vorfreude und Aufregung in meiner Bauchgegend immer breiter. Ein lange schlummernder Traum geht in Erfüllung! Ich kann es kaum glauben.

Die Boxen sind bis zum Rand befüllt, jeder Quadratzentimeter von Giorgio wurde ausgenutzt. Aus der frühen Abfahrt wird eine am Spätnachmittag, doch was soll’s. Am Besten wir schalten gleich mal einen Gang runter. Weg vom Stress und der Hektik der vergangenen Wochen und Monate. All den Alltagsdruck und die überall lauernden Erwartungen hinter uns lassen. Einfach mal im Jetzt leben.

Italienische Gastfreundschaft

Der Beginn unserer Reise hätte nicht schöner sein können. Mit einer unbeschreiblichen Herzlichkeit und Gastfreundschaft werden wir in der italienischen Gemeinde Aldeno nahe Trento empfangen. Betta, eine Freundin aus meiner Erasmuszeit in Finnland, bereitet uns einige wundervolle Tage in Norditalien. Wir genießen la dolce vita mit einem Aperitivo am Abend und traditionellem Essen in Trento. Ein besonderer Genuss für Augen und Gaumen war die Trattoria Piedicastello. Das Restaurant gleicht einer Kunstausstellung: Jede Wand, die Decken und sogar die Toilette sind entweder kunstvoll bemalt oder mit Gemälden des Besitzers verziert. Eine Speisekarte sucht man vergeblich, doch im Austausch mit dem Kellner und Dank Bettas Übersetzung erfahren wir, welche Gerichte heute zur Auswahl stehen. Meine Kürbisgnocci mit geräuchertem Ricotta und Mohn sind ein Genuss und der frische Schokokuchen zum Dessert versüßt den Abend umso mehr. Feste Preise und eine Rechnung scheint es nicht zu geben, sie variieren laut Betta nach Lust und Laune des Besitzers. Wir haben Glück, denn unsere Summe fällt für das fantastische Abendessen recht gering aus.

Romantik pur

Die nächsten Tage fahren wir Stück für Stück weiter südlich. Wir lassen den Gardasee hinter uns und machen einen Stopp im traumhaft schönen Borghetto. Das beschauliche Dörfchen mit seinen kleinen Gassen, mittelalterlichen Häuschen und dem Fluss Mincio, der den Ort mittig durchquert, ist laut Sven „so romantisch, dass es schon wieder kitschig ist“. Gemächlich ziehen Schwäne ihre Kreise, während sich historische Mühlräder drehen und im Hintergrund erhebt sich majestätisch die Castello Scaligero aus dem 13. Jahrhundert – Italien wie aus dem Bilderbuch.

Die liebe Technik

Nach einem anscheinend nur bei uns auftretenden Problem mit der Ausfahrtsschranke des Campingplatzes in Mantua, welches erst nach 45 Minuten von drei Mitarbeitern gelöst werden konnte, fahren wir weiter in die Region Emilia-Romagna. Für eine Nacht schlafen wir auf einer Lavendelfarm in Albinea. Die Blüten des uns umgebenden Lavendels sind leider bereits abgeernet, doch das Frühstück im Grünen mit Ausblick auf eine mittelalterliche Kirche und die Natur sind dennoch wundervoll.

Cinque Terre

Allerheiligen und somit ein verlängertes, arbeitsfreies Wochenende für Sven steht bevor. Dieses möchten wir nutzen. Auf geht’s an die italienische Riviera. Auch wenn wir touristische Orte lieber meiden, sind wir doch neugierig auf die berühmten Cinque Terre. Die fünf malerischen Fischerdörfer erstrecken sich entlang der ligurischen Küste und stehen unter UNESCO-Weltkulturerbe. Riomaggiore, das erste der fünf, verzaubert uns am ersten Tag bereits mit seinem Charme. Wie Bausteine stapeln sich die bunten Häuschen übereinander, durch die engen Gassen strömt der Duft von frisch gebackenem Foccacia und Espresso. Das kristallklare, blaue Wasser lädt Ende Oktober immer noch den einen oder anderen zum Schwimmen ein. Wir schlendern umher und genießen die Ruhe und Aussicht, die wir auf den Wegen weiter oberhalb des Trubels finden. Da der Wanderweg ins nächste Dorf gesperrt ist, treten wir am Nachmittag unseren schweißtreibenden Aufstieg zurück zum Parkplatz oben am Berg an. Dort wartet Giorgio geduldig auf uns.

Ab durch die Mitte

Doch schon kurz darauf darf unser roter Freund zeigen, was er drauf hat. Die schmale, grob geschotterte Piste, die uns mittig in den Wald zu unserem Schlafplatz führt, hat es in sich. Das gesamte Fahrzeug wackelt nur noch von links nach rechts, alles, was nicht niet- und nagelfest ist, hüpft kurzerhand von seinem Platz. Für eine bessere Sicht möchte ich das Fenster öffnen, doch das lasse ich schnell wieder bleiben. Die Sträucher ragen so weit in den Weg, dass ein Zweig um den anderen erst gegen Giorgios Spiegel knallt und dann mit einem schönen Quietschgeräusch den Rest des Busses entlangschrammt. Autsch! Endlich ist der Platz am Ende des Weges in Sicht, als der Endgegner auf uns wartet: Ein schönes Matschloch! Na, dann mal los! Doch Giorgio ist nicht zu stoppen und so verbringen wir eine sternenreiche und ruhige Nacht inmitten des Waldes.

Italienische Wanderwege

Statt Giorgio kämpfen sich Sven und ich dann zwei Tage darauf zu Fuß durchs Gestrüpp. Der offizielle Wanderweg ist unglaublich steil und von feinster, staubartiger Erde umgeben. Keine Stufen oder eine Möglichkeit Halt zu finden. Dafür jede Menge Dornengewächse links und rechts von uns. So rutschen wir 270 Höhenmeter in die Tiefe. Die Schlussetappe ist nur noch gebückt möglich und dann fallen wir plötzlich mitten am Touristen-Hotspot raus. Völlig verschwitzt, zerkratzt und von Mücken zerstochen (was nur mich betrifft, Sven bleibt da verschont), stolpern wir schnurstracks zum Meer. Wir genießen das kühle Nass und atmen erst einmal tief durch. Monterossos Stadtbild zieht mich bei Tageslicht nicht so in den Bann wie Riomaggiore, doch bei einem Aperitivo am Abend in einer schnuckeligen Gasse sieht die Welt doch gleich anders aus.

„Flip Flops auf den Wegen strengstens verboten! Verstöße werden mit einem Bußgeld geahndet“, lese ich im Taschenlampenlicht auf dem Schild, das vor dem Eingang des Wanderweges Richtung Vernazza prangt. „Das gilt aber nicht für meine Adventure Flip Flops“, meint Sven und läuft geradewegs weiter. Es ist bereits stockdunkel und den Wanderweg unseren heutigen Abstiegs nach Monterosso wollen wir nachts definitiv nicht erneut nehmen. Daher geht es auf dem eigentlich kostenpflichtigen Weg nach oben. Der Ausstieg an der richtigen Stelle zur Straße ist ungewiss, Sven dafür aber zuversichtlich und von der italienschen Romantik der Nacht gepackt. Hat mich im Tal noch gefroren, so habe ich dieses Problem nun nicht mehr. Immer weiter aufwärts, Schritt um Schritt und dann – ein Ausstieg! Oder doch nicht, ein Tor versperrt den Weg. Also weiter. Mein Herz klopft nicht nur aufgrund der Anstrengung. Schließlich zweigt ein kleiner Pfad nach links ab. Wo wir da wohl rauskommen? Wir probieren es aus und stehen plötzlich auf der Straße. Juhu! Sven hat uns mal wieder erfolgreich hinaus navigiert!

Der Abschluss unserer Cinque Terre-Tour: Das farbenfrohe Vernazza
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10 Antworten zu „Auf ins große Abenteuer“

  1. Avatar von Ingrid
    Ingrid

    Wunderschöne Bilder und tolle Erlebnisse. Freu mich schon auf den nächsten Eintrag.

    1. Avatar von Melanie

      Vielen lieben Dank! 🙂 Wir hatten einen tollen Start im schönen Italien und Sven hat seine Freude am Fotografieren wieder gefunden.

  2. Avatar von Sonja
    Sonja

    Hallo, servus Melanie und Sven.

    Zu viert haben wir grade eure tolle Geschichte gelesen, die super geschrieben ist. Wann und wo habt ihr denn vor, den afrikanischen Boden zu betreuen, bzw. zu befahren?

    Wir sind momentan südlich von Marrakesch mit Sepp und Roland.

    Viele liebe marokkanische Grüße,
    Sonja, Andi, Sepp und Roland

    1. Avatar von Melanie

      Hallo ihr vier,
      herzlichen Dank! Es freut uns sehr, dass euch die Geschichte gefällt. Ich entdecke gerade die Freude daran, unsere Erlebnisse aufzuschreiben.
      Wir werden erst im Januar von Gibraltar nach Tanger übersetzen und sind schon gespannt, was uns dort erwartet.

      Wünschen euch noch wundervolle Erlebnisse und eine schöne Weiterreise!

      1. Avatar von Sonja
        Sonja

        Dann werden wir uns definitiv nicht sehen! Ich wünsche euch jedenfalls aaaaalles Gute!
        Falls ihr evtl. Infos oder Tipps über Marokko braucht, einfach fragen.
        Freu mich sehr auf die tollen Geschichten von euch.

        1. Avatar von Melanie

          Danke dir, Sonja! Tipps sind immer gut, da werden wir euch bestimmt nochmal schreiben. 🙂

  3. Avatar von Marion Förster
    Marion Förster

    Hallo ihr zwei, da habt ihr einen romantischen und abendteuerlichen Einstieg auf eure Reise gefunden.
    Liebevolle Gaststätten, wunderschönes glasklaresWasser und schweißtreibende Wanderwege habt ihr schon erlebt.
    Viel Spaß wünsche ich euch beiden weiterhin. Liebe Grüße von Marion.

    1. Avatar von Melanie

      Vielen lieben Dank, Marion! Italien war wirklich klasse! Mal sehen, was Frankreich nun an Erlebnissen für uns bereit hält.

  4. Avatar von Vali
    Vali

    Hallo Sven und Melanie,
    Schön ein paar Einblicke in eure Tour zu bekommen! Da hüpft das Abenteuer-Herz 🙂
    Liebe Grüße,
    Vali

    1. Avatar von Sven
      Sven

      Hi Vali, schön von dir zu hören. Irgendwie ziehen uns die Abenteuer magisch an. Euch geht es dabei ja nicht anders. Ihr seit auch immer bei jedem Abenteuer dabei.

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